Donnerstag, 14. Januar 2010

Im Griechischen Parlament


Eine weitere Nummer aus "Die Eroberung des Weltalls in 42 Trilliarden Teilen".
Interessant die Rolle der technischen Gimmicks darin. Vor 7,8 Jahren noch ein passabler Gag oder ein interessanter Ausblick, sind sie heute bereits Realität oder ganz einfach nicht mehr witzig. Dieser Umstand wirkt durchaus erhellend auf die zukünftige Rolle der Science Fiction, die oft genug, auch in der Literatur, rein von der technischen Kulisse lebt. Sind heute bereits, sagen wir, 85 Prozent aller Science Fiction unerträglich, werden es in fünfzig Jahren, so die Erde sich bis dahin noch dreht, noch viel mehr sein.


Folge 773 561 564:

Im griechischen Parlament

Eine schwere Wirtschaftskrise hat den Südosten der EWU erfasst, insbesondere Griechenland. Das anhaltende Flehen des griechischen Volkes lässt Apoll und Athene aus dem ewigen Schlaf der Olympier erwachen. Wie durch Zauberhand materialisieren sie sich im griechischen Parlament.
"Ihr habt uns gerufen, Söhne und Töchter des großen Griechenlandes. Was wünscht ihr, was begehrt ihr in diesen Zeiten konjunktureller Not?"
"Oh, h-höre, Apoll, oh lockiger, oh höre, weise Athene, kopfgeborene, das griechische Volk ist verzweifelt, die Preise steigen, die Arbeit weltweit verteuert sich, die Waren, Luxusgüter vor allem, sind für einen Großteil eures großen Volkes bereits unerschwinglich. Die Deutschen, die Polen und die Tschechen, die haben’s gut, aber wir, wir sind der Wurmfortsatz der EU!"
"Oh Götter, helft uns in dieser Not."
"Hm, gut, ihr steckt in der Tinte, wie der Volksmund so sagt. Was meinst du, weise Schwester?"
"Höre, Volk der Griechen. Ich berge hier in meinem Helm eine Barsumme von fünf Billionen EURO. Nehmt diese und kauft, was ihr so dringend begehrt."
"Hört, hört!"
"Damit wären wir die Schulden los!"
"Aber die Inflation! Inflation!"
"Lasst das bloß nicht die Zentralbank hören.."
"Ruhe! Hört mich an. Götter, Athene, du Weise, dieses Angebot ist mehr als unser würdig. Und es ist unannehmbar. Die EU würde uns zermalmen. Die Schenkungssteuer in dieser Größenordnung wäre horrend, wir würden vom Empfängerland zum Geberland, die Inflation würde Europa kurzfristig und damit auf Dauer Schaden zufügen, Kapital würde abgezogen, Wachstum und Investitionen würden spürbar sinken.."
"Ihr wollt das Geld nicht?"
"Nicht alles, oh Athene, drei Milliarden vielleicht."
"Gut, dann eben drei Milliarden."
"Danke."
"Vielen Dank."
"Die Götter seien gelobt."
"Aber wir brauchen mehr."
"Das Volk darbt, oh Götter."
"Wollt ihr Nahrung, Heizöl?"
"Nein, bloß nicht.."
"verhindert Handel.."
"Vertragsbindung mit den USA und dem Nahen Osten..."
"landwirtschaftliche Subventionen würden steigen..."
"Nein, oh Götter, keine Nahrung."
"Was braucht ihr denn?"
"Wir sind verzweifelt!"
"Oh Götter, helft!"
"Wir müssen wachsen, verdammt noch mal!"
"Seid ihr denn nicht groß genug, hochmütiges Volk? Bedenkt, dass ihr keine Götter seid."
"Eine Durchschnittsgröße von einem Meter neunzig ist absolut ausreichend, ihr tapferen Griechen. Eure stützenden Knochen würden übermäßigen Schaden nehmen, wolltet ihr weiter wachsen."
"Nein, ihr versteht nicht, oh Götter. Die Wirtschaft muss wachsen, das Bruttosozialprodukt."
"Genau!"
"Wir brauchen technische Innovationen."
"Technische Innovationen, hm.. Was heißt das genau?"
"Neue Produkte, oh Götter, die es noch nicht gibt, die das Leben erleichtern, die so toll sind, daß alle sie kaufen wollen."
"Jaa!" (Jubel brandet auf)
"Ach so."
(Die göttlichen Geschwister beraten sich kurz im Flüsterton)
"Wie wäre es mit einem Grammophon."
"Gut vielleicht für den Kunst- und Antiquitätenmarkt, aber nichts auf Dauer, oh Götter."
"Oder dieser sehr leichte Wurfspeer. Garantiert leichter und treffgenauer als jeder Speer, den die Perser je hatten."
"Götter nein, wir leben im Frieden!"
"Handelsverbindungen würden geschwächt!"
"Lasst das bloß nicht die Amis hören."
"Nein, es tut uns leid, oh Götter, mit Speeren ist heutzutage nichts mehr anzufangen. Wir brauchen etwas Kompliziertes, versteht ihr, etwas, das den Menschen bisher noch nicht eingefallen ist, weil sie’s noch nicht brauchten, oh Götter."
(Die göttlichen Geschwister beraten sich noch einmal)
"Wir hätten da noch dieses Fernsehgerät. Es ist ultraflach und sagt auf Knopfdruck ‘Cool’ oder ‘Du siehst verdammt sexy aus, Schatz.’"
"Ja, daraus ließe sich vielleicht was machen."
"Oder wie wär’s mit farbigem Strom?"
"Farbiger Strom?"
"Wow!"
"Was ist das, farbiger Strom, oh Götter?"
"Gut, also hört mal zu. Ihr alle wisst ja, elektrische Geräte brauchen Strom."
"Ja - das wissen wir, oh Götter."
"Diesen Strom könnt ihr vom Prinzip her in jeder existierenden Farbe fließen lassen. Grün, gelb, pink, rose, apricot, was ihr wollt. Blau wie das Meer über Hellas. Wäre das nicht auch ein guter Slogan für die touristischen Betriebe des griechischen Volkes?"
"Na ja, den hatten wir schon mal.."
"Ihr könnt natürlich auch Farben mischen."
"Ja, ich glaube, die Stromsache hat Potential."
"Was fällt Euch noch ein, oh Götter!"
"Vielleicht Hermes’ Designstreitwagen. Was meinst du, Schwester?"
"Ich weiß nicht, wenn wir lang genug hinreden, vielleicht.."
"Ein Streitwagen, oh Götter?"
"Ja, Hephaistos entwarf ihn zu Hermes’ Einmillionstem. Er ist sehr leicht. Kein Perser könnte ihn je zerstören."
"Nein, bitte keine Kriegsgeräte! Vielen Dank, oh Götter."
"Ja, habt ihr denn genug jetzt. Ist die große Not des griechischen Volkes behoben?"
"Für den Moment, oh Götter. Aber wer weiß, für wie lange!"
"Vielleicht könnten wir einen neuen Termin vereinbaren."
"Termin, hm.."
"Ja, sagen wir in zwei Wochen, so eine Art runder Tisch, und jeder läßt sich bis dahin neue Innovationen einfallen."
"Das ließe sich vielleicht machen. Was sagst du, Schwester?"
"Wie sieht es eigentlich mit Opfern aus, oh Volk, ihr habt uns ziemlich vernachlässigt die letzten zweitausend Jahre."
"Opfer, äh, jaa.."
(Die Parlamentarier beraten sich tuschelnd. Man erinnert sich des Fleischbergs in Argentinien.)
"Wie wäre es mit 20000 Tonnen besten argentinischen Rindfleischs."
"Öhm."
"Ääh, nun, das ist eine Menge."
"Ihr seid es uns wert, oh Götter."
"Einverstanden. Treffen wir uns in zwei Wochen also erneut."
"Vierzehn Uhr dreißig?"
"Vierzehn Uhr dreißig. Es sei."
"Gepriesen seien Apoll und Athene, schwarzlockichte Träger der göttlichen Weisheit!"
"Hoch! Hoch!"
"Oh, when the saints, OH, WHEN THE SAINTS, go marchin’ in, GO MARCHIN’ IN...etc."