Freitag, 12. Februar 2010

Eine liebenswerte Überraschung


Horror-Parodie, noch aus den Neunzigern, weit entfernt von einer Verbindung zu jeglicher Horror-Community.
Wurde mit in "Barbiepuppen für Alpha Centauri" aufgenommen.



Eine liebenswerte Überraschung


Ich öffnete meine Augen und gewahrte sogleich, wie sich die vollkommenste Finsternis um mich legte. Noch keinen Moment war es her, da hatte ich geträumt von den schönsten und erhabensten Dingen - Dinge, über welche hier sich auszulassen mir leider nicht der geeignete Platz erscheint - doch nun umgab eine lichtlose Schwärze mich, welche so dunkel war, dass ich die eigene Hand vor Augen nicht sah.
Ohne zu zögern, versuchte ich, mich zu erinnern, was ich vor dem Einschlafen getan hatte, ein aus wissenschaftlicher Sichtweise völlig normales Verhalten. Jedem Menschen, der aus dem Schlaf erwacht und über die Örtlichkeiten nicht orientiert ist, stellt sich die Frage, was vor seinem Einschlafen geschehen sein mag. Ich konnte mich nicht erinnern, was eine merkwürdige und beunruhigend ungewohnte Empfindung der Fremdheit in mir auslöste.
Dann erst wurde mir bewusst, dass ich schwebte.
Ein Gefühl überkam mich, als weilte ich irgendwo in einem engen Raum ohne Licht. Vorsichtig streckte ich meine Arme aus, und tastete - nichts.
Nicht anders erging es mir mit meinen Beinen und meinem Kopf. So sehr ich es auch versuchte, so sehr ich meine Extremitäten auch ausstreckte: Auf diese Art erschloss sich mir kein einziger Anhaltspunkt über meine Umgebung.
Dann plötzlich kam ein leises Blasen von irgendwo überhalb meines Kopfes auf. Blitzschnell riss ich meinen rechten Arm in die Höhe. Doch wieder ohne Erfolg. Durch den Schwung hatte ich höchstens mein nicht eben durch Training fit gehaltenes Schultergelenk ausgekugelt, irgendetwas ergriffen jedoch hatte ich nicht.
Der Wind war nur leicht und ließ mein Haar ein wenig erzittern. Eine Empfindung beschlich mich, als befände ich mich irgendwo in der unendlichen Weite des Weltalls, um mich herum allein die Schwärze der Ewigkeit und dieser sanfte Wind, der in unermesslich langen Zeiträumen Strecken zurücklegt, welche einen nichtigen Strich bedeuten im Vergleich zu der Grenzenlosigkeit, die sie umgeben. Ich schauerte vor Ehrfurcht.
Währenddessen verstärkte der Wind sich. Ich begann in meinem dünnen Pyjama zu frieren. Der Wind im Gegenzug änderte nun auch noch seine Richtung. Er drehte auf meine rechte Seite, zog hinunter zu meinen Füßen, lief meine linke Seite entlang, und blies dann wieder auf meinen Kopf, bevor er die ganze Kreisbewegung wieder von vorne begann. Einige erste Gefühle von Panik bekämpfend, zwang ich mich zu einer logischen Analyse meiner bisher gesammelten Indizien.
Ich fing an mit dem Windgenerator, denn eine Quelle musste dieses Blasen ja haben, und ich vermutete rein begriffsmäßig einmal einen Windgenerator. Der Windgenerator bewegte sich also gegen den Uhrzeigersinn um mich herum. So viel ließ sich zweifelsfrei schon mal festhalten.
Übrigens tat der Windgenerator dies in der Zwischenzeit immer schneller. Zudem frischte er jetzt mit beängstigender Schnelligkeit auf, so dass ich mich innerhalb kürzester Zeit einem mittleren Orkan ausgesetzt sah.
Für einen kurzen und hektischen Moment schweiften meine Gedanken ab…
Dann gewann ich wieder Gewalt über mich, und konnte als Zweites festhalten, dass meine Glieder ins Leere schaukelten. Ich überprüfte diesen Gedanken noch einmal und streckte mich nach allen Seiten hin aus. Es stimmte. Dieser ganze Gedanke war auf erschreckende Weise korrekt!
Drittens spürte ich ganz allgemein diesen Wind, der mich mittlerweile an die Wirkung eines Flugzeugtriebwerks erinnerte. Diesen Gedanken kontrollierte mein Körper ohnehin ständig.
Eine nicht gerade stattliche Anzahl von verlässlichen Anhaltspunkten, dachte ich mir, während mir immer flauer zumute wurde.
Mit einem Mal war mir, als flöge ich durch die Luft. Vielleicht tat ich dies ja tatsächlich! Vielleicht befand ich mich viele Meilen über der Oberfläche irgendeines fremden, unwirtlichen und unbeleuchteten Planeten, und stürzte, mich drehend, seiner Oberfläche entgegen, welche, viele Kilometer dick, zum Beispiel aus hartem, unbeugsamem Granit bestand. Vor Angst begann ich zu zittern. Vielleicht auch war der Boden aus rauem Beton und ich würde jeden Moment darauf zerplatzen wie eine überreife Tomate.
"Heda, hallo!" schrie ich plötzlich.
Ein Stöhnen entwich mir. Der Wind war so stark geworden, dass die Zipfel meiner Pyjamajacke um mich flatterten wie die Segel eines Schiffes vor Kap Hoorn. Ich verlor die Kontrolle über meine Lippen, die nun, dem Druck der bewegten Luft nicht mehr standhalten könnend, begannen, wild vor meinen klappernden Zähnen zu schlenkern. Vor Verzweiflung schien mein Kopf-Inneres eine Art betrunkenen Kasatschok aufzuführen. Der Ohnmacht nahe, focht ich jetzt mit dem blanken Tod. Jeden Moment konnte ich aufschlagen.
Mit letzter Kraft mich aufraffend, rief ich:
"Ich will nicht sterben!!!"
Da ging das Licht an.
"Überraschung!" tönte es lustig aus zahlreichen Kehlen.
Oh, diese Frechheit! Schurken, Potz Kugelblitz, Hundsfötter und Kurtisanen, alle miteinander!
Sie hatten mich in den Schwerelosigkeitsbräuner gesteckt, das Licht ausgemacht und den Ventilator eingeschaltet. Hinter der Glaswand standen sie alle versammelt: Der Kasperl, der Dagobert, die fünf Freunde, Uwe und mein bester Kumpel Jens, Hanni, die uralte Nanni, Enrico, der Clown und sogar Ursel, meine Ex-Frau.
Sie alle waren gekommen, um mir zum Geburtstag zu gratulieren.
Fröhlich stimmten wir Happy Birthday an.