Zwei zärtliche Agentinnen in einer weiteren "Variation auf das Ende der Menscheit".
Luba, Geheimagentin
Luba galt als die beste Agentin der weltweit agierenden Geheimorganisation GORG. Als eine von wenigen war sie bei ihren Aufträgen mit praktisch unbegrenzten Mitteln und einem Höchstmaß an Befugnissen ausgestattet. Wenn es sein musste, dann brachte sie Menschen, ja ganze Gruppen zur Strecke, war es notwendig, dann ging sie mit ihnen ins Bett. Luba beherrschte sämtliche Disziplinen des Agentinnenwesens perfekt. So brachte sie, nur um ein Beispiel zu nennen, Männer durch eine spezielle Sextechnik noch während des Beischlafs, spätestens aber danach im hypnotisierten Schlummer über jedes beliebige Thema zum Sprechen.
Im Verlauf ihres letzten Auftrags bekam sie es mit dem großen Rubelstein zu tun, der jetzt gerade völlig außer Atem an ihrer Seite lag.
"Du bist Wahnsinn, Connie!" keuchte er und schloss lächelnd die Augen.
Bald darauf war Rubelstein eingeschlummert und fing in abgehackten Sätzen zu sprechen an.
"Geheimlabor... Obermenzing... dritte Palme von links... Gencorp... ultra... Wahnsinn… Geheimchips... vierte Palme von rechts... meldet morgen Insolvenz an, ja... hab heut vergessen zu kaufen... morgen das Erste..."
Kurze Zeit später stand Luba im Bad. Sie war vollkommen nackt bis auf einen knappen und sündteuren Slip von Fressange. Das Wasser im Waschbecken lief. Sie betrachtete sich aufmerksam im Spiegel. Mit einem Kajalstift zog sie die leicht verblassten Ränder um ihre Augen nach. Leise, gedämpfte Morsegeräusche zeigten an, dass Luba die Informationen gerade an die Zentrale weitergab. Man konnte nur raten, auf welche Art dies geschah...
Früh am Morgen des nächsten Tages stöckelte Luba mit schnellen, entschlossenen Schritten über die Startbahn des Münchener Flughafens. Mit hektischen Zügen zog sie an einer Zigarette. Ein Learjet erwartete sie. Sie fühlte sich cool, bedeutend, war glücklich.
Luba war Lesbierin. Sie lebte mit Xanef, einer Ärztin zusammen. Die beiden liebten sich sehr, schon viele Jahre. Sie kannten sich seit dem Studium.
An diesem Abend gingen sie miteinander ins Restaurant. Sie amüsierten sich. Sie hatten sich schon einige Wochen nicht mehr gesehen. Ihre Gegenwart erregte Aufsehen. Die beiden attraktiven Frauen störte es nicht.
Später liebten sie sich. Luba war glücklich. Sie lagen nebeneinander.
Luba hielt die Augen geschlossen. Xanef, reif, gelassen, eine hinreißend schöne Frau, sah sie an.
"Ich weiß, dass du mich ansiehst, Xanef." sagte sie lächelnd.
"Du bist schlau, Luba." antwortete Xanef ruhig.
Luba grinste.
"Ja, mir kann keiner was vormachen!"
"Du glaubst, du weißt alles, Luba."
Xanefs Ton war plötzlich bitter geworden. Luba öffnete verwirrt die Augen.
"Na ja, irgendwie schon. Ja." antwortete sie.
Xanefs Miene blieb unbewegt.
"Indes - du bist oberflächlich, Luba." sprach sie mit tonloser Stimme. "Du bist unwiderstehlich, aber du bleibst ein oberflächlicher Mensch. Du bist schön, charmant, du spielst und übernimmst jede Rolle. Wenn man dir ein Dossier gibt, arbeitest du dich in einer halben Stunde ein, aber in zwei Tagen hast du alles wieder vergessen. Am Ende ist es dir gleich. Und du bist an nichts im Innersten interessiert. Du lässt nichts in dein Innerstes. Nicht mal die Menschen, die dir am nächsten stehen. Ich glaube, kein Mensch hat bis heute dein innerstes Wesen gesehen. Nicht mal du selbst. Du lässt niemanden auch nur annähernd so weit kommen. Du bist ein perfekt funktionierendes Organ. GORG kann echt froh sein, dass es dich gibt."
Luba setzte sich auf. Ihr standen Tränen in den Augen.
"Aber,- wie kommst du denn darauf?" fragte sie stockend.
"Nur so." flüsterte Xanef und setzte sich ebenfalls auf. Zärtlich wischte sie Luba die Tränen aus den Augen.
"Ich lieb dich trotzdem." setzte sie hinzu.
Sie küssten sich innig. Aber Luba war verunsichert. Sie sah Xanef zweifelnd an. Xanef sah weg.
"Was ist?" fragte Luba.
"Ich glaub, ich hab Krebs." antwortete Xanef. Und nun traten ihr die Tränen in die Augen.
"Heut morgen hab ich einen Knoten unter meiner linken Achsel entdeckt."
Xanef machte das Bettlicht an und hob ihren linken Arm. Luba erkannte eine leichte, punktförmige Rötung. Xanef nahm Lubas Hand und ließ sie die Rötung berühren. Luba konnte den pflaumengroßen Knoten deutlich spüren.
"Noch ist nichts sicher." sagte Xanef, sich wieder beherrschend. "Ich bin gleich zu Axel. Die Bilder waren nicht eindeutig. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, hat er gemeint. Er macht mir nichts vor. Ich weiß es auch selber. Morgen kommen die Befunde der Gewebeproben."
Sie umarmten sich. Xanef fing zu weinen an. Arm in Arm schliefen sie ein.
Am nächsten Morgen wachte Luba auf. Xanef lag tot an ihrer Seite. Als sie entsetzt hochsprang, spürte sie in ihren Kniekehlen und ihrem Nacken drei Knoten, so groß wie Kartoffeln. Panisch fuhr sie ins Krankenhaus, nicht ahnend, dass das Ende der Menschheit nahte, und dass sie es war, die es weiter verbreitete.