Eine kleine Nachlese aus dem Projekt "Das Ende der Menschheit - Ein Märchenbuch". Recht nobel nannte der Autor sich damals noch Kai-Wilhelm von Rosenstock-Bono, daher das Obskurum "Bono" im Titel
Reste aus Bonos Schreibwerkstatt - Erster Teil
Ein Kriminalfall:
Es herrscht Panik auf dem Planeten. Ein Land um das andere wird in die Luft gesprengt, und niemand weiß, wie und aus welchem Grund. Die internationale Sonderkommission, gebildet, um Lösungswege zu erarbeiten, findet kein passendes Schema, wie der Fall anzugehen wäre, und die Länder werden langsam knapp.
Am Ende, als allein die Sonderkommission und einige verstreute Gruppen, allesamt auf dem Meer, noch verblieben sind, zeigt sich der Täter. Es ist Marvin, der paranoide Androide. Er hasse die Menschheit, erklärt er. Die Anwesenden sollten das aber nicht persönlich nehmen. Er verachte nämlich überhaupt alle Bewohner des Universums.
Marvin schwebt hoch über der Menschheit in einem fantastischen Raumschiff. Die Menschen schütteln die Fäuste gen Himmel. "Was hast du uns angetan!" rufen sie aus voller Kehle. Doch Marvin läßt sich auf keine Diskussion ein. Das sei nun geschehen und vorbei. Davon abgesehen hätte die Menschheit sich selbst ohnehin nicht mehr aus dem Dreck ziehen können. Sie wären aneinander, an ihrer stetig übereinander wachsenden Einflußnahme erstickt. Mit einem traurigen Lied in seiner blechernen Kehle macht er sich wieder davon. Da hält er ein letztes Mal an. Die Erde sei ja noch da, meint er. Sie warte ja nur darauf, von den Menschen wieder besiedelt zu werden. Es stünden dem verbliebenen Rest der Menschheit alle Wege offen, das zu tun. Zuversichtlich sei er zwar nicht, daß diesmal irgendwas besser laufe, aber er langweile sich ohnehin und werde vielleicht kurz bei "Wetten daß, nicht", der tödlichsten Show des Universums vorbeischauen, um seiner Stimmung endgültig den Rest zu geben.
Doch die Menschen hören schon nicht mehr zu. Voll Hoffnung haben sie einander zugewandt und fallen sich in die Arme.
Nach dem Ende der Welt:
Betrachtungen vor dem Himmelstor: Diskussionen eines verzweifelten Mannes mit Petrus, weil Muskelpakete an der Pforte abgegeben werden müssen. Er habe erst vor einigen Monaten angefangen, seine Muskeln zu definieren und richtig herauszuarbeiten, und gerade jetzt, wo sich die ersten Ergebnisse gezeigt hätten..
Der graue Tod:
· Ein Kind geht durch die Straßen. Nach Art des Roten Todes.
· Eine Geheimgesellschaft. Sie existierte schon lange, erregte bei der Gründung vielleicht Aufsehen, lebt jetzt aber schon lange im Untergrund.
Man berät sich. Die Gefahr, entdeckt zu werden, wird immer größer. Man muß handeln, am besten gleich, die Gelegenheit sei günstig.
Man schickt das Kind. Überall, wo das Kind hinkommt, senkt sich ein grauer Nebel über das Land. Die Menschen sterben, rasch, leise, in einem letzten Moment des Erkennens, mit einem Ächzen nur. Unvorstellbar, daß Gegenden, die man in allen Wetterlagen kennt, auf ewig im Nebel stecken bleiben sollen. Man vergisst, was Gegenwart ist, was Vergangenheit, was Futuris.
Was bedeutet der graue Tod? Lethargie, Entpersönlichung, vielleicht tatsächlichen Tod.
Schmitt und Prosts größte Konstruktion
· Ein Unversitätsphysiker. Tagelang sperrt er sich in seiner Wohnung ein, um den Entwurf für seine "Maschine" fertig zu bringen. In einer Pause macht er sich Notizen, was als nächstes zu tun sei:
· Brief an x: Das Vollendete, das Erhabene, das Neutrale, das Objektive, dadurch das Übermenschlich-Göttliche der MASCHINE, etc.
· Größere Wohnung (Stadtrand!) wg. der Apparate.
· Uran, Germanium besorgen (Prof. Schindelwurst in Tübingen)
· Das Tuscheln der Kollegen: "Schmitt und Prost ist da anscheinend an was dran!"
· Schmitt und Prost: Er ist ein Star, Nobelpreis schon mit 39, hochbezahlte Forschungsgruppen, ausverkaufte Vorlesungen, Kongresse auf der ganzen Welt, ein interessantes Molekül nach ihm benannt, auch ein geplantes Element, das aber nie zustande kam.
· Wenn er sich aus der Öffentlichkeit verabschiedet, bekommt sein Blick neuerdings etwas Grimmiges, er läßt seine rothaarige Stellvertreterin in der Forschungsgruppe links liegen. Jeder weiß, dies sind Zeichen. Schmitt und Prost ist wieder an "etwas" dran.
Der letzte Mensch, in Flugzeuglautstärke Janis Joplin hörend, zwölf Stunden jeden Tag.
Eine tödliche Krankheit haben wollen.
Das Ende der Welt: Alles wird still, dunkel. Engel nehmen sich wispernd der Auserwählten an, bringen sie hoch zu dem über allem schwebenden, eng umrissenen Licht. Gelegentlich hört man das aufzitternde Stöhnen derer, die fortgerissen werden. In der Ferne das leise Jammern und Morden der Teufel und der Verdammten.
Auf der vereinsamten Welt ein verdrecktes Terrarium. Im Wasser liegend, in der Enge praktisch bewegungsunfähig, ein eingerollter, massiver Wels. Auf dem winzigen Landflecken darüber, mit dem gelegentlich pendelnden Kopf nach vorne über das Wasser ragend, den Fisch bisweilen dabei berührend, eine Schildkröte. Ihre Blicke sind aufeinander gerichtet. Die mit jedem Tag bemoosteren Wände des Glaskastens reichen bis hoch über die Schildkröte hinweg, unerreichbar und um vieles höher als Länge oder Breite der Bodenplatte.
Die jugendlichen Götter, unterwegs auf einer Spritztour durch die noch junge Welt. Noch allesamt Kindsköpfe, treiben sie, da ungebremst, so viel Unsinn, wie sie nur können. Die hierarchischen Verhältnisse sind noch nicht völlig geklärt, kleinere Rangkämpfe zwischen Zeus, Hera, Hades, Poseidon. Erste Kinder, Resultate diverser Affären, werden mitgezogen, niemand will sich um sie kümmern. Egal, wo sie niedergehen, ständige Flirts mit Nymphen, Flußgöttern und der lokalen Bevölkerung. Athene die Vernünftigste, obwohl die Jüngste. Aphrodite, noch nicht lange den Fluten entstiegen, stiehlt den anderen Göttinnen von Beginn an die Schau. Ende am Lagerfeuer. Zeus: "Lang geht das nicht mehr so, Leute. Die Welt wird komplizierter (neue Erfindungen, die Menschen werden unabhängiger, die Menschheit differenziert sich, etc.)."
Vor einiger Zeit stieß ein neuer Gefährte hinzu. Er ist weit geringer als die Göttlichen, hat weder ihre Größe noch ihre Persönlichkeit und Originalität. Ersatzweise umgibt er sich zunehmend mit Apparaten und Geräten, ist irgendwann kaum mehr dahinter auszumachen. Seine Bestimmung ist, den Göttern den Untergang zu bereiten.
Die Moira will sich trotz aller Gewaltandrohungen von Zeus' Seite nicht dazu äußern. Sie ist am Ende doch über ihm, über alle Götter erhaben.