Kurze Arbeit, recht diffus und allgemein in ihren Ansätzen. Ursprünglich ein Teil der Auswahl für die "Variationen auf das Ende der Menschheit", aus heutiger Sicht wohl eher ein Kandidat für die Reservistenbank.
Gothic City Centre
Hoch am Himmel über dem pulsierenden Gothic City bewegt sich, zwei Kondensstreifen hinter sich herziehend, lautlos ein Flugzeug. Ein Gegenstand scheint sich von dem Flugzeug zu lösen. Was genau, lässt sich nicht sagen, denn das Flugzeug ist viel zu weit weg. Man sieht nur einen winzigen roten Fleck.
In der Folge aber breitet sich rasch und sich aus dem roten Pünktlein entwicklend, für einige Momente dem Flugzeug noch folgend, eine fein zergliederte und in der heißen Sonne in den buntesten Farben blinkende Wolke aus.
Der Gothic City Centre als Stadtteil ist unheimlich cool. Alles, die Häuser, die Kleidung, das Make Up, alles ist makellos weiß dort, grau oder schwarz. Die Dinge sind in der Regel symmetrisch. Schnörkel oder Unebenheiten hat man in abgeklärten Breiten wie dem Gothic City Centre schon lang nicht mehr nötig. Aus diesem Grund fallen die knallbunten Flugblätter, die jetzt vom Himmel flattern, auch um so mehr auf. Wie atomarer Staub senken sie sich, einer Decke gleich über den gewaltigen Stadtteil.
Rollo G, ein erfolgreicher Finanzbeamter, Dressman und Hobbymaler mit zwei interessanten symmetrischen Hörnern auf seinem kahlrasierten Kopf fängt einen der Flyer auf.
In einem Comic Strip, der vom Niveau her auch Kinder erreichen könnte, und vielleicht auch von noch halben Kindern gemacht ist, wird erklärt, dass die ganze Menschheit Scheiße sei, dass der eine gemein zum anderen sei, daß man die Schwachen auslache und verletze, dass man an nichts mehr glaube, wenn überhaupt, dann nur noch an Scheiße, dass man keinen Sex mehr habe, und wenn, dann auch nur noch, wenn man nicht wolle, usw.
Das alles sei der Grund, warum die Autoren dieses Comics (man sieht sie hier als bunt gekleidete Menschen mit stilisierten Ameisenköpfen) sich mit Verzweiflung entschlossen haben, die Menschheit zu vernichten. Die Menschen hätten ein für allemal ihre Chancen vertan.
Rollo G und die anderen zwanzig Millionen Bewohner des Gothic City Centre sind verstört, so hat allein Rollo noch acht Termine an diesem Tag und ein kolossales Date noch später am Abend.
Trotzdem verfolgen sie beinah alle, wie das Flugzeug, das in weiter, weiter Ferne noch zu erkennen ist, sprichwörtlich dem Himmel entspringt und mit einem Blitzen verschwindet.
Währenddessen haben die über dem Gothic City Centre verstreuten Flugblätter, in Massen in den Händen seiner Bewohner befindlich, in Massen auf den Dächern und Straßen herumliegend, angefangen sich aufzulösen.
Von nun an dauert es nicht mehr lang, und die Menschen und ihre Haus- und Knuddeltiere, größtenteils in den Wohnungen der Leute oder in eleganten Tierpensionen verstaut, zeigen erste Krankheitssymptome, Atemnot etwa, Übelkeit, Erbrechen und verschiedenes anderes.
Am Ende aber wird es eine vollständige und unbezwingbare Atemdepression sein, welche, begleitet von nur zu verständlichen Panikattacken, den Gothic City Centre innerhalb kurzer Zeit dahinraffen wird.