A walk in the country I
Es war ein Sonntagmorgen. Ich ging spazieren. Es war vollkommen ruhig, die Leute schliefen noch, waren auf Ausflügen oder sonst irgendwo. Nicht wenige mögen auch in der Kirche gewesen sein, zumindest verursachte niemand Lärm in diesem Moment. Ich hörte den Wind in den Wiesen und Feldern, die Sonne schien, kleine zerblasene Wölkchen zogen über den Himmel, alles war frisch, friedlich und auf vollkommene Weise schön.
Nur kurze Zeit später begann sich mir aus der Ferne das Geräusch eines Düsenjägers aufzudrängen.
Das Aufkreischen dieser Flieger, wenn sie die Luft über mir zerteilten, hatte mich oft schon mit solcher Wucht erschüttert, dass ich physisch zu spüren glaubte, wie mein Herz kurzzeitig vor Verzagung darüber stehenblieb. Dieses Lärmen, dieses Geräusch, diese übermäßige Bewegung jener hochsensiblen Sinneshärchen im Inneren meines Gehörgangs war fähig, mich dem Wahnsinn noch um einige Stücke näher zu treiben als etwa das unmenschliche Gedröhn vorüberrauschender Chopper oder Motorräder (Laute, die ich aus tiefstem Herzen hasste und verachtete), noch näher als es mein generell instabiler Gemütszustand ohnehin schon tat.
Nach einigem Suchen entdeckte ich die Ursache meines aufkeimenden Unmuts, wie sie gerade nicht weit entfernt im Norden parallel zum Horizont ihre Bahn zog.
Sein Lärmen verhielt sich zeitversetzt, wurde erst, nachdem er meine Länge passiert hatte, so richtig laut, wurde dann langsam leiser, und schließlich ein zweites Mal lauter. Auch diese Phänomene waren mir bestens bekannt. Wenn das Dröhnen des Fliegers meine Schmerzgrenze mit besonderer Bösartigkeit noch einmal, wie zum neckischen Gruße, für einen Moment überschritt, musste dies, dessen war ich mir vollkommen sicher, mit den undurchschaubaren Bewegungen der den Schall tragenden Lüfte zusammenhängen.
Bald aber war der Düsenjäger nicht mehr zu sehen, und allmählich legte sich der Lärm wieder.
Dann aber geschah das Merkwürdige. Der Lärm versiegte nicht, so wie ich es kannte und schmerzlich gewöhnt war, in einem entfernten, gewittrigen Brummeln und Grollen, das andeutete, dass es jederzeit, im gleichen Moment, in derselben Manier, wenn es wollte, aus einer beliebigen anderen Richtung wieder auftauchen konnte, sondern wechselte über in ein unheimliches, breites und tiefes Tosen, das mit immenser Schnelligkeit an Lautstärke zunahm, und dessen physische Gewalt ich an der mich plötzlich ergreifenden Gänsehaut und in schlagartig stärker werdenden Vibrationen des Bodens und der Luft nur allzu deutlich spürte.
Was dann folgte, war ein unerträglicher Anblick. Über dem Kamm des Waldstriches, der etwa einen Kilometer entfernt im Norden verlief, kehrte das Flugzeug Purzelbäume schlagend wieder zurück. Es schien jede Kontrolle über seine Flugrichtung verloren zu haben, und die Geschwindigkeit, mit der es rotierte und mit den immer noch laufenden Triebwerken furchteinflößende Haken schlug, zeigte mir deutlich, dass hier an eine Rettung des Piloten durch den Schleudersitz nicht mehr zu denken war, sondern dass er mit der größten anzunehmenden Sicherheit einfach schon tot war.
Ein überraschender Schlag warf mich zu Boden. Plötzlich umgab mich ein seltsam verlangsamtes Wirbeln und Brausen, Toben und Brüllen, das an Mächtigkeit alles, was ich bisher an Lärm zu ertragen gezwungen gewesen war, um ein Zigfaches übertraf. Weniger glaubte ich, überhaupt noch etwas hören zu können, als dass dieses Geräusch sich in meinem Gehirn einfach noch aus der Erinnerung heraus fortsetzte. Nicht unwahrscheinlich, dass dieser neue Lärm meine Trommelfelle schon im ersten Moment zerplatzt hatte.
Die Bäume, auch anderer, nicht exakt erkennbarer Schutt, Häuserreste vermutlich, wurden an Zahl immer größer, glichen nun einer monströsen Wolke. Schmerz und Getöse versuchten immer heftiger, mich vom Boden zu reißen. Das Flugzeug passierte mich währenddessen rotierend und mit unveränderter Geschwindigkeit. Dann, mit einem Mal, wurde es strahlend hell. Flammen stiegen hinter dem Wald auf. Dann war um mich herum nur noch Feuer.