A walk in the country II
Auf einem flachen Höhenrücken ein abgeerntetes Gerstenfeld.
Dies ist eine der wenigen Gegenden in diesem sonst so gewellten und bewaldeten Teil Niederbayerns, die dem Betrachter einen weitläufigen landschaftlichen Ausblick gestatten. Kommt man zwischen den zweieinhalb Meter hohen Maisfeldern zu beiden Seiten des parallel zur Höhenlinie verlaufenden Feldwegs hervor, erblickt man linker Hand, am Fuße eines einsam hier stehenden, tief in den Boden betonierten und eingelassenen, gewaltigen durch die Luft schlurrenden Windrads, besagtes vor drei oder vier Tagen abgeerntetes Gerstenfeld.
Über das Gerstenfeld bewegt sich, teils zu Fuß, teils in kleineren Gruppen auffliegend und wieder landend, eine Schar von wenigstens dreißig Krähen. Ein Stück hinter dem Windrad fängt, im nebligen Dunst dieses Tages nicht besonders gut sichtbar, der Höhenrücken an, nach der anderen Seite hin abzufallen. Darüber liegt, ruhig, blau sich breitend, ohne Bewegung den Dunst durchschimmernd, der Himmel.
Die Krähen sind ganz leise bei ihrem Tun, deutlich hört man ihr Geflatter und ihre manchmaligen Kommentare, seltener noch lässt eine ein tiefes, entschlossenes Krächzen los, so als wollte sie sagen: "Ich bin hier. Ich bin eine Krähe, und es ist ein Sonntagnachmittag im August!"
Wieder fliegt eine Gruppe der Krähen hoch und landet, indem sie die Köpfe gewissenhaft auf ihr neues Arbeitsfeld richtet, einige Meter entfernt.
Auf der anderen Seite des Feldweges, nach Westen hin, blickt das Auge, und das ist so ungewöhnlich für diese Gegend, über viele Kilometer hinweg. Die Landschaft senkt sich in weichen Hügeln, kleine Weiler und Ortschaften stehen im Wechsel mit Feldern, Wiesen und Waldgebieten. Weit unten erkennt man gut Kobelskirchen mit seinem dichten, grünenden Bachbewuchs, spielend sieht man bis zum Kirchturm des schon acht Kilometer entfernten Gloiflfing. Die ganze Landschaft breitet sich aus unter einem, und weit, weit weg, am Horizont, blickt man auf die klein und länglich wie Streichhölzer dastehenden zwölf Schornsteine der Freude-Motorenwerke in Pottasch sowie, leicht abgesetzt links davon, den silbern glänzenden Kamin der Otto von Bismarck-Raffinerie, mit gelber Flamme irgendein Gas abfackelnd.
Es ist ein schwüler, gar nicht so warmer Hochsommernachmittag. Es ist Sonntag. Außer den Krähen ist keine Menschenseele zu sehen hier oben. Es hat schwer geregnet gestern. Matt und rötlich scheint die Sonne durch den tiefliegenden Dunst und lässt das Gerstenfeld fast wie in Oktobernebel erglänzen. Nur das Stechen seiner Strahlen auf der eigenen Haut erinnert einen daran, dass das Gestirn derzeit über die Stärke der Sommermonate verfügt.
Fahl und grau erscheint einem der überzogene Himmel über dem Feld, und es ist wie eine goldene Explosion, als der Feuersturm in weniger als einem Augenzwinkern über den Höhenrücken, über Kobelskirchen, über Gloiflfing bis weit, weit über Pottasch hinwegzieht.