Sonntag, 28. März 2010

Le monde, c'est Jack

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Le monde, c'est Jack

2042:
Das Königreich Orange ist ein kleines Staatswesen an der Südküste des früheren Frankreich. Was die meisten Bewohner von Orange ahnen, aber nicht hundertprozentig wissen, ist, daß sie im letzten menschlichen Staatswesen überhaupt leben. Der Rest der Menschheit wurde vor ungefähr dreieinhalb Jahren durch die diversen herbeigeführten Katastrophen, die auch Orange beinah erledigt hätten, dahingerafft.
Sex, Gewalt und Günstlingswirtschaft halten Orange fest in der Hand. Mordende Banden, dabei vor allem die aus Motorradrockern bestehende Leibgarde des Königs, ziehen durchs Land und terrorisieren die Bevölkerung nach Belieben. Täglich ereignen sich Bandenkriege und andere gewaltsame Auseinandersetzungen.
Jack, der König von Orange, ist ein uralter Mann. Unfähig und unwillig, irgend etwas anderes zu tun, als seinen geraden Weg zu gehen, presst er den Leuten ihre Habe ab, wo er nur kann. Auf diese Art hält das Leiden seines sich immer weiter dezimierenden Volkes an.
Zu einer Umkehr ist König Jack nicht mehr fähig. Verbittert, unmutig und gelangweilt bewohnt er seine Küstenvilla, tyrannisiert seinen Hofstaat, seine Leibgarde und hängt persönlichen Erinnerungen nach.
Früher, vor dem Krieg, war Jack lange Zeit Baseballstar gewesen. Eines Tages hatte ihm ein Werfer der nachrückenden Spielergeneration mit einem Fehlwurf, sehr wahrscheinlich absichtlich, glatt den Arm durchschlagen. Dieses Spiel hatte seine Karriere endgültig beendet.
Der einzige Grund, warum gerade Jack Orange heute beherrscht, ist der, daß er über die Nahrungsreserve der früheren französischen Armee gebietet.
 Langsam allerdings gehen die Nahrungsmittelkonserven zu Ende, und Jack weiß, daß ihm ohne Konserven die Garde nicht weiter folgen wird. Und auch das Volk, das schon jetzt meutert, wird ohne Konserven aufzustehen versuchen. Es gibt noch immer keine Fische und kein Saatgut, die Vegetation ist nach wie vor verwüstet, und wovon man sich in Zukunft ernähren soll, ist im Moment völlig unklar.
Jack hat seine Möglichkeiten lange Zeit abgewogen. Seiner Meinung nach hat er nur eine Wahl, und sein Entschluss steht bereits fest.
Es kommt die Nacht, in der er sich von seinem engsten Vertrauten Jean-Philippe, einem Mann, der noch viel älter ist als er selbst, zum nächsten Waffenstützpunkt fahren läßt. Der Stützpunkt ist nicht weit von seiner Villa entfernt.
Mit großer Anstrengung quälen die beiden Greise sich die Treppe zur Kommandozentrale hinauf. Über ein Computermenü wählt Jack sein Wunschziel aus, die Stadt Orange nämlich, in der ein Großteil seiner verbliebenen Bevölkerung lebt. Mit Hilfe eines kleinen Hebels zündet er die Triebwerke der Rakete.
In einem verlassenen Elektronikladen nahe dem brachliegenden Hafen von Orange sitzt der letzte Mensch, der noch ahnt, was diese Bombe anrichten wird, gerade über seinem kargen Frühstück aus nicht mehr ganz frischen, für die Schweinemast bestimmten Protein-Pellets. Als er das das ferne Grollen der Rakete vernimmt, hält er inne, und auf seinen Lippen bildet sich ein gelassenes und verstehendes Lächeln, so als hätte er es schon lange geahnt.