Dienstag, 30. März 2010

Das Leben ein Kampf gegen das Chaos


Das Leben ein Kampf gegen das Chaos, aus dem man sich am Ende bereitwillig wieder verabschiedet.

Gothic City Centre

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Kurze Arbeit, recht diffus und allgemein in ihren Ansätzen. Ursprünglich ein Teil der Auswahl für die "Variationen auf das Ende der Menschheit", aus heutiger Sicht wohl eher ein Kandidat für die Reservistenbank.

Gothic City Centre

Hoch am Himmel über dem pulsierenden Gothic City bewegt sich, zwei Kondensstreifen hinter sich herziehend, lautlos ein Flugzeug. Ein Gegenstand scheint sich von dem Flugzeug zu lösen. Was genau, lässt sich nicht sagen, denn das Flugzeug ist viel zu weit weg. Man sieht nur einen winzigen roten Fleck.
In der Folge aber breitet sich rasch und sich aus dem roten Pünktlein entwicklend, für einige Momente dem Flugzeug noch folgend, eine fein zergliederte und in der heißen Sonne in den buntesten Farben blinkende Wolke aus.

Der Gothic City Centre als Stadtteil ist unheimlich cool. Alles, die Häuser, die Kleidung, das Make Up, alles ist makellos weiß dort, grau oder schwarz. Die Dinge sind in der Regel symmetrisch. Schnörkel oder Unebenheiten hat man in abgeklärten Breiten wie dem Gothic City Centre schon lang nicht mehr nötig. Aus diesem Grund fallen die knallbunten Flugblätter, die jetzt vom Himmel flattern, auch um so mehr auf. Wie atomarer Staub senken sie sich, einer Decke gleich über den gewaltigen Stadtteil.
Rollo G, ein erfolgreicher Finanzbeamter, Dressman und Hobbymaler mit zwei interessanten symmetrischen Hörnern auf seinem kahlrasierten Kopf fängt einen der Flyer auf.
In einem Comic Strip, der vom Niveau her auch Kinder erreichen könnte, und vielleicht auch von noch halben Kindern gemacht ist, wird erklärt, dass die ganze Menschheit Scheiße sei, dass der eine gemein zum anderen sei, daß man die Schwachen auslache und verletze, dass man an nichts mehr glaube, wenn überhaupt, dann nur noch an Scheiße, dass man keinen Sex mehr habe, und wenn, dann auch nur noch, wenn man nicht wolle, usw.
Das alles sei der Grund, warum die Autoren dieses Comics (man sieht sie hier als bunt gekleidete Menschen mit stilisierten Ameisenköpfen) sich mit Verzweiflung entschlossen haben, die Menschheit zu vernichten. Die Menschen hätten ein für allemal ihre Chancen vertan.
Rollo G und die anderen zwanzig Millionen Bewohner des Gothic City Centre sind verstört, so hat allein Rollo noch acht Termine an diesem Tag und ein kolossales Date noch später am Abend.
Trotzdem verfolgen sie beinah alle, wie das Flugzeug, das in weiter, weiter Ferne noch zu erkennen ist, sprichwörtlich dem Himmel entspringt und mit einem Blitzen verschwindet.
Währenddessen haben die über dem Gothic City Centre verstreuten Flugblätter, in Massen in den Händen seiner Bewohner befindlich, in Massen auf den Dächern und Straßen herumliegend, angefangen sich aufzulösen.
Von nun an dauert es nicht mehr lang, und die Menschen und ihre Haus- und Knuddeltiere, größtenteils in den Wohnungen der Leute oder in eleganten Tierpensionen verstaut, zeigen erste Krankheitssymptome, Atemnot etwa, Übelkeit, Erbrechen und verschiedenes anderes.
Am Ende aber wird es eine vollständige und unbezwingbare Atemdepression sein, welche, begleitet von nur zu verständlichen Panikattacken, den Gothic City Centre innerhalb kurzer Zeit dahinraffen wird.

Sonntag, 28. März 2010

In einsamer Zukunft

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Eine von mehreren kurzen Improvisationen, die es in die ursprüngliche Auswahl der Variationen“ geschafft haben.

In einsamer Zukunft

Ein Skiläufer wandert allein dem Fuß eines gewaltigen Gebirgsmassivs entlang. Wie mag der Mann hierhergekommen sein? Niemand weiß es, auch er selber nicht. Und wieso liegt derart viel Schnee am Fuß des Gebirges, wo es doch heutzutage nur noch regnet auf dieser Höhe von, sagen wir, etwa vierzehnhundert Metern? Auch dieses ist nicht bekannt.
Der Mann jedenfalls genießt seine Wanderung in höchstem Maß. Die Sonne scheint, die Luft ist frisch und gut, und der Himmel erstrahlt in hellstem und tiefstem Blau. Es ist ein fantastischer Wintertag. Der Mann lacht auf und nimmt einen tiefen Atemzug. Die Zähne blinken dabei in seinem beinah bronzefarben gebräunten Antlitz.
Mit einer kaum sichtbaren Bewegung verlagert der Mann sein Gewicht auf die Skistöcke und setzt seine Wanderung in langsamem Tempo fort.
Ströme von Wasser fließen die Hänge herab, brechen sich am Fels, an Fichten, Kiefern und den knorrigen Latschenbäumen, vereinen sich weiter unten wieder, und rasen, geräuschvoll donnernd, auf einen Fluß zu, der in dem Walde liegt, auf den der Wanderer gerade zusteuert.
Bisher sind dem Mann all die Ströme nicht aufgefallen, doch jetzt, da sie sich ihm durch sein Näherkommen quasi aufdrängen, kommt ihm ein Computerspiel wieder in den Sinn, das er als Jugendlicher lange Zeit hatte programmieren wollen. Es sollte sich dabei immer um irgendeine Art zerstörerischer Ströme drehen, die einen Berg oder ein Gebirge herabflossen, und die mit einer Anzahl von Sprengladungen in möglichst menschen- und gebäudeschonende Bahnen gelenkt werden mussten. Dabei hätte es nicht um Punkte gehen sollen. Es hätte pro Spielstufe nur ein Entweder-Oder geben sollen. Er hatte die endlose Punktesammlerei in Computerspielen niemals verstanden, sie hatte ihn immer gelangweilt.
Der Mann überlegt kurz. Er hält die Idee immer noch für genial, auch wenn die Zeit der Computerspiele natürlich schon längst vorbei ist.
Noch einmal bewundert er die Landschaft. Wie die Ströme glitzernd und tosend durch die Felsen und Gewächse schießen, ist ein einzigartiger Anblick.
Dann kommt der Berg, kommt die ganze Region mit einem Mal in Bewegung. Das Gebirge hebt sich, beginnt, sich an zahllosen Stellen, während der Fels zerbirst oder sich in mächtige Schollen spaltet, auseinanderzufalten.
Diese Bewegung ist derart mächtig, so maßlos, dass jener einzelne Mensch dort unten im Schnee jede Rolle dabei verliert, und wo auch immer dieser Skiwanderer hergekommen sein mag, sein Tod ist gewiß, er wird zu einem Teil des Gebirges werden, wo seine Spur, zumindest vorläufig, sich verlieren wird.

Le monde, c'est Jack

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Le monde, c'est Jack

2042:
Das Königreich Orange ist ein kleines Staatswesen an der Südküste des früheren Frankreich. Was die meisten Bewohner von Orange ahnen, aber nicht hundertprozentig wissen, ist, daß sie im letzten menschlichen Staatswesen überhaupt leben. Der Rest der Menschheit wurde vor ungefähr dreieinhalb Jahren durch die diversen herbeigeführten Katastrophen, die auch Orange beinah erledigt hätten, dahingerafft.
Sex, Gewalt und Günstlingswirtschaft halten Orange fest in der Hand. Mordende Banden, dabei vor allem die aus Motorradrockern bestehende Leibgarde des Königs, ziehen durchs Land und terrorisieren die Bevölkerung nach Belieben. Täglich ereignen sich Bandenkriege und andere gewaltsame Auseinandersetzungen.
Jack, der König von Orange, ist ein uralter Mann. Unfähig und unwillig, irgend etwas anderes zu tun, als seinen geraden Weg zu gehen, presst er den Leuten ihre Habe ab, wo er nur kann. Auf diese Art hält das Leiden seines sich immer weiter dezimierenden Volkes an.
Zu einer Umkehr ist König Jack nicht mehr fähig. Verbittert, unmutig und gelangweilt bewohnt er seine Küstenvilla, tyrannisiert seinen Hofstaat, seine Leibgarde und hängt persönlichen Erinnerungen nach.
Früher, vor dem Krieg, war Jack lange Zeit Baseballstar gewesen. Eines Tages hatte ihm ein Werfer der nachrückenden Spielergeneration mit einem Fehlwurf, sehr wahrscheinlich absichtlich, glatt den Arm durchschlagen. Dieses Spiel hatte seine Karriere endgültig beendet.
Der einzige Grund, warum gerade Jack Orange heute beherrscht, ist der, daß er über die Nahrungsreserve der früheren französischen Armee gebietet.
 Langsam allerdings gehen die Nahrungsmittelkonserven zu Ende, und Jack weiß, daß ihm ohne Konserven die Garde nicht weiter folgen wird. Und auch das Volk, das schon jetzt meutert, wird ohne Konserven aufzustehen versuchen. Es gibt noch immer keine Fische und kein Saatgut, die Vegetation ist nach wie vor verwüstet, und wovon man sich in Zukunft ernähren soll, ist im Moment völlig unklar.
Jack hat seine Möglichkeiten lange Zeit abgewogen. Seiner Meinung nach hat er nur eine Wahl, und sein Entschluss steht bereits fest.
Es kommt die Nacht, in der er sich von seinem engsten Vertrauten Jean-Philippe, einem Mann, der noch viel älter ist als er selbst, zum nächsten Waffenstützpunkt fahren läßt. Der Stützpunkt ist nicht weit von seiner Villa entfernt.
Mit großer Anstrengung quälen die beiden Greise sich die Treppe zur Kommandozentrale hinauf. Über ein Computermenü wählt Jack sein Wunschziel aus, die Stadt Orange nämlich, in der ein Großteil seiner verbliebenen Bevölkerung lebt. Mit Hilfe eines kleinen Hebels zündet er die Triebwerke der Rakete.
In einem verlassenen Elektronikladen nahe dem brachliegenden Hafen von Orange sitzt der letzte Mensch, der noch ahnt, was diese Bombe anrichten wird, gerade über seinem kargen Frühstück aus nicht mehr ganz frischen, für die Schweinemast bestimmten Protein-Pellets. Als er das das ferne Grollen der Rakete vernimmt, hält er inne, und auf seinen Lippen bildet sich ein gelassenes und verstehendes Lächeln, so als hätte er es schon lange geahnt.

Jack Rambo und das Ende der Welt

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Jack Rambo und das Ende der Welt
 
Jack Rambo und sein dilettantischer Assistent, das Ende der Welt, befinden sich auf Einsatz irgendwo zwischen Karakorum und Hindukusch. Man wird zwar nicht ganz schlau aus den Motiven der beiden, doch besteht kein Zweifel daran, dass sie im Einsatz für das Gute, den Frieden und für die freie Welt sind.
Das Ende der Welt ist eigentlich Zivilist, und nur zufällig in die ganze Handlung gerutscht. Aus dem Grund weiß es zu Anfang auch noch nicht, wie man einen richtigen Guerilla-Krieg überhaupt führt. Die meiste Zeit rennt es Rambo bloß vor den Füßen, seinen Schlagstöcken und seiner riesigen Panzerfaust rum. Doch es lernt schnell, quasi von Szene zu Szene, und nicht lang, da kann es schon sämtliche Waffengattungen bedienen und leistet seinem Chef immer wertvollere Hilfestellung.
Die ersten Attacken des Duos richten sich noch ausschließlich gegen schmaläugige Asiaten, bärtige Araber und Moslems. Dann schleichen sich langsam auch Blondschöpfe ein, Nazis, orthodoxe Juden, tibetanische Schamanen, und nach einer Weile sogar ein paar CIA-Agenten und Charlton Heston als antikisierender und zähnefletschender Patriarch, dessen Familie von ein paar von Rambos Handgranaten gerade in die Luft gejagt worden ist.
Das Ziel all der Angriffe Rambos und des Endes der Welt aber liegt ganz woanders, hoch oben auf einer asiatischen Alm, umgeben von Latschenkiefern, Bambushainen und Pandabären. Es ist der Bergbauernhof des Bergbauern 23, des größten Bösewichts überhaupt, der sein Leben lang nichts anderes getan hat als sich um seine mageren Felder zu kümmern und in seiner knappen Freizeit die Pandas mit Bambus zu füttern.
Eines Abends machen Rambo und das Ende der Welt im Schutz einer kleinen Höhle Rast. Ihr Ziel ist nun nicht mehr weit. Tatsächlich sieht man weit in der Ferne, noch ein wenig höher gelegen, ein Lichtlein glimmen. Es ist das Öllicht des Bergbauern, in dessen Schein dieser gerade in einer alten Ausgabe des Panda-Magazins blättert.
Für eine Weile passiert gar nichts. Während Rambo, um nicht außer Form zu kommen, einen riesigen Felsbrocken schnaufend und prustend aufhebt, fallen lässt und wieder aufhebt, wienert und poliert das Ende der Welt nur die Waffen und starrt ohne große Anteilnahme ins Feuer.
Dann bricht Rambo plötzlich zusammen. Das Ende der Welt stürzt auf ihn zu. Sterbend erklärt Rambo in den Armen seines Freundes, das jahrelange Steroiddoping habe ihn umgebracht. Doch er sei nur die Vorhut. Es werde neue Dopingmedikamente geben, mit denen man noch stärker werde, mit denen man ewig leben könne, und er, das Ende der Welt sei sein Nachfolger und müsse den Job jetzt zu Ende bringen.
Rambo stirbt, indem er seinen Kopf in einer fast komödiantisch anmutenden Bewegung zur Seite dreht.
Das Ende der Welt nickt feierlich. Es weiß, dass sein Augenblick nun gekommen ist. Den Blick offenbar vollkommen nach innen gewandt, schließt es die Augen und stellt sich gerade hin. Um es herum fangen die Höhlenwände, die alten Feuerstellen, der Dreck, die herumliegenden Knochenreste und Rambos Leichnam an kleiner zu werden.
23, der Bösewicht, der etwas unterhalb seines Bauernhofs die Futterkrippe seiner Pandas gerade mit Bambussnacks nachfüllt, sieht auf. Gerade noch beobachtet er, wie mit einem Krachen nicht weit entfernt eine Hügelkuppe zerbirst. Langsam wächst aus dem daraus entstandenen Loch das Ende der Welt hervor. Gleichzeitig verwandelt der Körper von Rambos Nachfolger sich in ein monströses Gerippe, dessen Gipfelpunkt und oberes Ende ein Totenschädel mit schauerlich klaffenden Zähnen bildet. Dann, den Kiefer zu einem stummen Schrei geöffnet, die Arme wie zum Angriff erhoben, schießt es mit einem Mal mit rasender Schnelligkeit in den Himmel hinauf.
Endlich, Minuten später, hat es wieder zu wachsen aufgehört, und steht nun ruhig da. Viele Kilometer ist es hoch mittlerweile und trägt in der Hand eine monumentale Sense. Mit nicht enden wollender Langsamkeit, langsamer als die langsamste Zeitlupe fängt es an, damit auszuholen.
Dann, mit einem leisen, die ganze Schöpfung durchdringenden Rauschen bereitet es allen Menschen unter dem Schwungkreis seines Schneidewerkzeugs ein Ende. Flugzeuge stürzen ab, Explosionen erschüttern die Luft, und Stille tritt wieder ein.
Schon tut das Ende der Welt einen Schritt nach vorn, sechshundert Kilometer lang, und lässt die Sense von Neuem herniedersausen. Schneller und immer schneller, mit faulem, pfeifendem Atem und fliegenden Beinen überquert es nun den ganzen Planeten, erledigt fünfhundert Millionen mit jedem Streich, bis es seine Aufgabe schneller als egal wer sich vorzustellen vermocht hat schließlich zu Ende gebracht ist.

Montag, 8. März 2010

x, afrikanischer Elefant unter den deutschen Schauspielerinnen


x, afrikanischer Elefant unter den deutschen Schauspielerinnen. Sie spielt Goethes Frau, Goethes Schwester, Goethes Mutter, Eva Braun und Susanne Klatten. Es ist alles nur eine Frage der Frisur und der Haarfarbe. In zwanzig Jahren wird sie Loki Schmidt und die Levetzow spielen, und es wird, so wie alle ihre anderen Fehlleistungen, zum Ereignis werden. Statistisch besucht sie neunzehn Mal mehr Galas, als dass sie einen Film abdreht. Das Theater ist ihr vollkommen fremd. Zu schnell müsste man sprechen, gerade sie, die in ihrem gesamten beruflichen Leben noch keinen einzigen schnellen Satz sprach, sprechen musste. Zu wendig auch müsste ihr Geist dafür sein. Ohnehin ist Improvisation ihre Sache nicht, war es noch nie. Über Jahrzehnte labt und erregt die BILD-Zeitung sich an ihrer Oberweite und ihren öden Affären. So muss es vor Ewigkeiten auch mit der Loren gewesen sein.